Altwied aktuell



Die ritterlichen Sänger unserer Heimat

Die ritterlichen Sänger unserer Heimat

(Auszug aus "Geschichte auf heimatlicher Grundlage für den Kreis Neuwied", Heft II, 1957)


 


Viele kennen die Gedichte "Der Sänger", "Des Sängers Fluch", "Der Graf von Habsburg" und andere. Sie zeigen uns, das die Feste auf den Burgen der Ritter und an den Höfen der Fürsten nicht ohne einen Sänger begangen werden konnten. Darüber hinaus sprachen die Sänger aber auch oft ohne besonderen festlichen Anlaß bei den Burgherren vor, um ihre kunstvollen Lieder vorzutragen. Bereitwillig erzählten sie von ihren eigenen Erlebnissen und von seltsamen Neuigkeiten, die sie bei ihrer Fahrt durchs Land erfahren hatten.


Diese Sänger stammten meist aus ritterlichem Geschlecht. Ihre Lieder, die sie selbst dichteten und vertonten, trugen sie im großen Rittersaal vor. Sie begleiteten ihre Gesänge auf einer Fiedel oder einer Harfe. Da die deutsche Frau zu allen Zeiten hoch geachtet war, wurden in diesen Liedern zunächst einmal die Frauen geehrt. Daher nannte man die Sänger "Minnesänger" und ihre Lieder "Minnelieder" (Minne bedeutet soviel wie Liebe). In ihnen wurde die Schönheit, die Gastlichkeit, die Mütterlichkeit, die Gattentreue und die Fürsorge für Arme und Bedrängte gefeiert. Sie verkündeten auch das Lob Gottes und sangen von der Gottesliebe, der Gottesminne. Sodann verherrlichten die Minnesänger die Grotaten der Ritter und der fürstlichen Herren und sangen das Lob der Natur. "Sie sangen von Lenz und Liebe, von seliger goldner Zeit, von Freiheit, Männerwürde, von Treu und Heiligkeit." (Ludwig Uhland). Meist reich beschenkt, zogen die Sänger zur nächsten Burg.


Der sangesfreudige Landgraf Hermann von Thüringen, Großonkel der Gräfin Mechthildis von der Neuerburg, soll im Jahre 2107 auf der Wartburg einen "Sängerkrieg" - wir könnten es Gesangswettstreit nennen - veranstaltet haben. Die bekanntesten Minnesänger wie Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Heinrich von Ofterdingen und Reinmar der Zweete stellten sich zum Sängerstreit, wie ein später entstandenes Gedicht erzählt.


Auch die Grafen und Herren unserer Heimat öffneten den fahrenden ritterlichen Sängern gern ihre Tore. Viele von den rund 160 Minnesängern, deren Lieder uns erhalten blieben, besuchten mit Sicherheit die einsamen, meist weit abgelegenen und doch so reizvollen Burgen. Mit Namen kennen wir aber nur drei der Minnesänger, die durch ihre Herkunft oder ihr späteres Leben unserer Heimat besonders verbunden waren:


1. Heinrich von Ofterdingen war sehr wahrscheinlich ein Nachkomme der Herren von Rospe (Roßbach an der Wied), die als adlige Ministeriale (Beamte) im Dienst des Landgrafen von Thüringen und des Grafen von der Neuerburg standen. Das Geschlecht der Edlen von Rospe erwar auch Güter in Ofterdinch (heute Ochtendung) bei Mayen. Nach ihrer Übersiedlung dorthin nannten sie sich "von Ofeterdingen". Der Minnesänger gleichen Namens wurde schon zur zeit seines Lebens zur sagenhaften Persönlichkeit und unterzeichnete die ihm später zugeschriebenen Gedichte nicht mit seinem Namen. Wahrscheinlich entsagte er nach ruhelosem Wanderleben der Welt und trat in ein Kloster ein. Daher rührt die Verknüpfung seiner Gestalt mit dem Tannhäuser. Wie oft mag dieser Sänger der Gräfin Mechthildis Nachrichten von ihren thüringischen Verwandten überbracht haben.


2. Reinmar der Zweete war ein Zeitgenosse Heinrichs von Ofterdingen. Sein Name wurde damals in den Burgen an Rhein und Wied mit Hochachtung genannt. Den Grafen Heinrich III. von Sayn pries er in einem Gedicht als weidgerechten Jäger, der Fische, Vögel und Wild erjagen kann. Er sei der "biderbe wirt, der geste wol empfahen kann", der in Freude Brot mit ihnen bricht und der ohne Hinterlist ist.


3. Meister Zilies von Seine stammt höchstwahrscheinlich aus dem heimatlichen Sayn. Die Sprache seiner Gedichte, die in seinen Gedängen vorkommenden Orts- und Ritternamen und sein eigener Familienname weisen jedenfalls mit größter Deutlichkeit auf seine mittelrheinische Heimat hin. Er war bedeutend jünger als Heinrich von Ofterdingen. Mit seinem Tod (gegen 1310) neigte sich die ritterliche Dichtung ihrem Ende zu, und der Meistersang des aufstrebenden Bürgertums trat an seine Stelle.


Damit man Sprache und Dichtung der ritterlichen Sänger jener Zeit kennenlernt, folgen als Beispiel zwei Verse eines Gedichtes, das Herr Walther von der Vogelweide zum Lobe des deutschen Vaterlandes, seiner Frauen und Männer verfaßte:


                "Ich hân lande vil gesehen

               unde nam der besten gerne war:

               übel müeze mir geschehen,

               künde ich ie mîn herze bringen dar,

               daz im wol gevallen

               wolde fremder site.

               nû waz hulfe mich, ob ich unrehte strite?

               tiuschiu zuht gât vor in allen.

               Tiusche man sint wol gezogen,

               rehte als engel sint diu wîp getân.

               swer sie schildet, derst betrogen:

               ich enkan sîn anders niht verstân.

               tugent und reine minne,

               swer die suochen wil,

               der sol komen in unser lant:

               da ist wünne vil;

               lange müeze ich leben dar inne!"

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